Ausgleich für den Terrorzwerg – Sport mit und für Hund

Die regulären Spaziergänge, verbunden mit Tricks und neuen Kommandos sind für uns immer etwas Besonderes. Wir genießen die Zeit zusammen oder auch allein, mit Hund. Das Spazieren entlang der Felder, in Naturschutzgebieten oder am See in der Nähe ist einerseits der notwendige Gassigang, andererseits aber auch Ausflug oder Aktivität. In der Arbeitswoche sind Ausflüge eher selten, dafür sind die Wochenenden oder freien Tage da. Doch nur das allein war uns irgendwie zu wenig. Wir suchten also nach weiteren Möglichkeiten, den Hund sowie körperlich als auch kognitiv zu beschäftigen und auszulasten. Und wer schon mal ein Buch über Terrier gelesen hat, weiß, dass die sehr gut in der Kopfarbeit sind, Arbeitshunde eben.

Wir beginnen mit dem Joggen


Das naheliegendste war für uns erstmal das Joggen mit Hund. Wir sind, auch ohne Hund, schon früher gern gejoggt. Unsere Idee klang gut, Laufsachen an, Hund an die extra gekaufte Joggingleine und los. Doch weit gefehlt. Die erste Joggingrunde war alles andere als entspannt, verspannt trifft es da wohl eher. Lemmy lief nicht neben uns, sondern hüpfte die gesamte Zeit bellend neben uns. Erst nach ca. einem Kilometer wurde er etwas ruhiger und gab sich stellenweise der eigentlichen Aufgabe hin. Die ausgewählte Runde von 2,5 Kilometern brachten wir dennoch zum Abschluss. Die flexible Joggingleine wurde beim nächsten Mal ausgetauscht, dem Herrchen war es lieber, Lemmy fest an der Seite zu halten. Auch verlegten wir unser Vorhaben auf die Zeit nach der Dämmerung, so waren weniger Menschen unterwegs. Und auch hier dasselbe Spiel. Lemmy lief hüpfend und bellend an uns vorbei. Auch diese Runde zogen wir durch, doch Spaß brachte es keinem von uns etwas. Lemmy schien das Gefühl zu haben, die Kontrolle zu verlieren und mit uns mithalten zu müssen. Wir überlegten, was wir anders machen konnten. So wurden die Joggingrunden erstmal geteilt, jeder ging allein Joggen wenn der jeweils andere dann mit Lemmy Gassi ging. Dann kam Herrchen auf die tolle Idee, das “Superduperspielzeug” einzusetzen. Lemmy hat einen Knochen, in der Art eines Tennisballs. Dieses Spielzeug ist der Jackpot zur Ablenkung bei anderen Hunden. Damit wollten wir es probieren. Gesagt, getan. Lemmy bekam vor dem Loslaufen den Knochen, musste allerdings an der Führleine neben Herrchen laufen. Es funktionierte. Mittlerweile haben wir die Führleine durch eine kurze Schleppleine ausgetauscht. Wenn weit und breit niemand zu sehen ist, darf er an der lockeren Schleppleine laufen. Er trägt dabei immer gewissenhaft und verantwortungsvoll seinen Knochen. Damit haben wir, durch regelmäßiges Training und Steigerung, geschafft mit ihm sogar eine Seerunde von 8 Kilometern zu laufen.


Agiler Hund macht Agility


Unsere nächste Überlegung war der Hundesport Agilty. Durch ein Angebot der damals besuchten Hundeschule konnten wir im Sommer an einen 6-wöchigen Schnupperkurs teilnehmen. Hundeführer in diesem Sport sollte Herrchen sein. Das Training auf dem Platz machte Spaß. Lemmy konnte sich die neuen Begriffe, passend zu den Trainingsgeräten oder Hindernissen gut einprägen und dementsprechend die Kommandos ausführen. Jedoch fiel uns schnell auf, dass er mit der Geschwindigkeit überfordert war. Sobald es wieder ins Laufen ging, hatte Lemmy Probleme. Er wurde völlig nervös und konnte auch mit zunehmender Schnelligkeit die Aufgaben nicht mehr abhandeln. Darüber hinaus begann er während des Laufens zu kläffen, als würde er Herrchen maßregeln. Das war dann also auch nicht das Richtige.

Wir beginnen mit der Menschensuche – Unsere Erfahrungen mit dem Mantrailing


(*es besteht kein Anspruch auf Vollständigkeit oder Professionalität. Die Art und Weise des Mantrailing kann wahrscheinlich je nach Trainer/ Programm etc. variieren)
Über die bereits erwähnte Hundeschule wurde auch ein Schnupperkurs zum Mantrailing angeboten. Herrchen hatte sich bereits zum Thema belesen und war guter Zuversicht, mit dieser Form der Kopfarbeit und Auslastung das Richtige für Lemmy gefunden zu haben. Hundeführer war dieses Mal Frauchen. Und so absolvierten wir den Schnupperkurs und lernten an drei Nachmittagen die Grundlagen. Dabei kam es in erster Linie darauf an, dem Hund zu verstehen zu geben, was die drei Hauptkommandos bedeuten und welches nun seine Aufgabe dabei war.

Die Kommandos


In der ersten Stunde sollte der Hund die Kommandos kennenlernen und die Aufgabe verstehen. Wir sollten kleine Dosen mit einem Jackpot, also das was der Hund im Alltag nicht regulär als Futter bekommt aber unheimlich liebt, mitbringen. Zusätzlich sollten wir eine Schleppleine und ein extra Geschirr dabei haben. Dem Hund wurde für die Suche das Geschirr angelegt, die Schleppleine wurde dann aus dem Halsband in das Geschirr umgeklickt. In der ersten Runde wurde der Hund von der Hundetrainierin geführt. Frauchen musste sich verstecken. Die Jacke von Frauchen blieb an der Startstelle liegen. Das Versteck war ca. 50 Meter hinter einem Auto der anderen Teilnehmer.
Lemmy wurde also vorbereitet, bekam das Geschirr an, die Leine wurde umgeklickt und mit dem Kommando SMELL wurde ihm die Jacke unter die Nase gehalten. Danach bekam er das Kommando GO. Er suchte Frauchen und bekam zur Belohnung den Jackpot. Natürlich war das noch keine gezielte Suche, schließlich muss der Hund die Begriffe natürlich erstmal mit der handlung verknüpfen, ehe er seine Aufgabe allein nach dem Kommando ausführen kann. Doch ist Frauchen verschwunden, sucht der Hund natürlich automatisch und benutzt dazu die Nase, den Geruch kennt er ja irgendwie auch.


In der zweiten Runde versteckte sich eine andere Person. Jetzt durfte Frauchen führen. Lemmy wurde also im Startbereich wieder vorbereitet, bekam das Geschirr an, dies wurde umgeklickt und er bekam zum Anriechen ein Kleidungsstück der versteckten Person. Nach dem GO sollte er loslaufen. Das war eher ein Spazieren. Lemmy schnüffelte alles ab, markierte den ein oder anderen Grashalm. Das Kommando WORK kam nun ins Spiel und sollte Lemmy darauf hinweisen, seine Aufgabe wahrzunehmen. Es kam dann irgendwie zu einem Fund, Frauchen freute sich und Lemmy bekam den Jackpot.
Die Kommandos sowie das Geschirr duften im Alltag nicht benutzt werden.In der letzten Unterrichtsstunde wurde der Hund und seine Art zu suchen nochmal genau von der Trainierin beobachtet. Sie wollte feststellen, ob der Hund überhaupt Lust zum Trailen zeigte. Lemmy zeigte sich sehr ungeduldig im Start, rannte aber nach dem Kommando GO auch los. Doch in der Suche selbst wurde er langsamer und spazierte eher, als dass er suchte. Zum Ziel gelangten wir durch ein wenig Hilfe durch Frauchen, die ja als Anfänger noch wusste, wo die Person sich aufhielt. Alles in allem war das Ergebnis nicht berauschend. Wir sollten nochmal trainieren und nach 8 Wochen nochmal an einem Trail teilnehmen.
So trainierten wir. Lemmy und Frauchen gingen zu einem verabredeten Zeitpunkt spazieren. Herrchen kam zu dieser Zeit mit dem Zug von der Arbeit. Er versteckte sich an einer ausgesuchten Stelle. Lemmy wurde in Startposition, etwa 150 Meter entfernt, gebracht, bekam Geschirr und Leine und als Geruchsträger den Schlafanzug von Herrchen unter die Nase. SMELL, GO und los ging es. Lemmy suchte, zog heftig an der Leine und lief zu einer völlig anderen Stelle. Doch genau hier stand Herrchen, der sich kurzerhand doch eine andere Stelle gesucht hatte. Das war ein Volltreffer! Das gleiche probierten wir nochmal im Dänemarkurlaub, nur leider mit weniger Erfolg (heute weiß ich übrigens, dass Lemmy lieber Hasen sucht als verschwundene Menschen).

Die Entscheidung


Wir nahmen also nochmal an einem Trail teil. Dieser sollte die Entscheidung bringen. Lemmy nahm seine Aufgabe sehr ernst und suchte mit Erfolg. Das ist nun fast 4 Jahre her. Mittlerweile haben wir einiges verbessern können. Lemmy hat zum Beispiel im Start immer gekläfft. Sobald er den Geruchsträger schon sah, kläffte er wie wild und forderte Frauchen damit auf, sich zu beeilen. Auch sprang er nach dem Anriechen an der Leine umher, biss in die Leine und zeigte sich völlig aufgedreht. Lemmy wird nun zwischen die Beine geklemmt. Er bekommt dann erst sein Arbeitsgeschirr an, die Leine wird umgeklickt und er darf erst riechen, mit dem Kommando SMELL, wenn er wirklich ruhig ist. Solange ird einfach gewartet. Auch nach dem Anriechen muss er kurz stehen, und nicht kläffen, eher er das Kommando GO erhält. So haben wir zumindest eine entspannte Startsituation geschaffen, die vor allem Lemmy hilft, sich besser zu konzentrieren. Während der Arbeit/ Suche schnüffelt er mittlerweile nicht mehr ganz so viel, doch ein WORK als Anreiz zu arbeiten fällt natürlich von Mal zu Mal. Wir nehmen an unterschiedlichen Trails teil. So gibt es reguläre Trails, die über eine längere Strecke verlaufen; Trails bei denen am Ende zwei Personen gefunden werden aber nur eine die “Richtige” ist; Trails bei Nacht, bei denen Frauchen nur mit einer Stirnlampe ausgestattet ist; Trails in Gebäuden, bei denen Lemmy anzeigen kann, wenn er hinter eine geschlossene Tür schauen möchte oder Trails, bei denen die gesuchte Person im Wasser steht und Lemmy von Frauchen zur Person getragen wird, da er sich ja nicht traut zu schwimmen. Wir haben Erfolge aber auch Tage an denen wir die Suche abbrechen müssen. Lemmy ist am Ende nur so gut, wie das andere Ende der Leine – hat Frauchen eine schlechten Tag und kann die Zeichen von Lemmy nicht richtig lesen, hindert sie ihn daran, selbstständig zu arbeiten. Lemmy ist schon von der Linie her ein Arbeitshund. Es ist genetisch verankert, dass er selbstständig arbeitet und voller Selbstbewusstsein eigene Entscheidungen trifft.

Lemmy und Mary im Wasser mit komplett Trailausrüstung


Im Mantrailing muss er aber lernen, mit Frauchen zusammen zu arbeiten. Doch auch das ist ein Lernprozess. Und manchmal funktioniert das andere Ende der Leine nicht richtig (also der Hundeführer) und schon wird es auch für Lemmy schwierig. Kann ich, also Frauchen, die Zeichen nicht richtig lesen oder denke selbst zu viel nach, dann spürt Lemmy das und wird natürlich verunsichert.

Spürbar ist allerdings, dass zum Einen Hundeführer und Hund immer weiter zusammenwachsen und zum Anderen die Ausgeglichenheit von Lemmy. Hat er gefunden, erscheint er uns irgendwie glücklich. Vor allem nach anspruchsvollen Strecken ist er danach total müde und schläft den halben Tag. Nach Abbrüchen ist er tatsächlich unzufrieden und scheint sogar mit Frauchen zu “bocken”. Auch die Zeit, die wir auf der Fahrt zu diesen Trails zusammen verbringen ist gewinnbringend und einfach wertvoll – wir haben ein festes Date und arbeiten gemeinsam mit unseren Warnwesten als Team. Ein tolles Gefühl, für (hoffentlich) uns beide….